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Felsgravur Oum el Alek

Petroglyphen: Felskunst aus prähistorischer Zeit

Elefanten, Nashörner, Giraffen, Gazellen, Pferde und selbst Kühe sind in Südmarokko zahlreich vorhanden. Wo?

Felsgravur Elefant

Das Gebiet des heutigen Marokko ist bereits seit tausenden von Jahren von Menschen besiedelt. Deswegen gibt es aus dieser Zeit oftmals zahlreiche Zeitzeugen, zu denen die Felsgravuren gehören.
Irgendwie befällt uns immer etwas Ehrfurcht, wenn wir vor einer stehen. Was hätten die für Geschichten zu erzählen - wenn sie könnten?
Die Darstellungen sind sehr unterschiedlich, man findet abstrakte und figürliche Abbildungen von Tieren, Waffen, Schmuck und Jagdszenen gepunzt / gepickt (Einschlagen von Vertiefungen), in Ritztechnik (dünne in das Gestein gravierte Linien) oder geschabt / geschliffen (Vertiefen von Flächen durch reibende Bewegung).

Die Altersbestimmung ist schwer. Eingegrenzt werden kann die Epoche anhand der dargestellten Themen und des Zustandes der Gravuren.
Zeitstrahl Gravuren

Sind Gegenstände aus Metall -z.B. in Form von Waffen oder Schmuck- oder Pferde zu sehen, sind die Bilder maximal ca. 3000 Jahre alt. Der Grund: Metall kam über Spanien ab ca. 1000 v. Chr. ins Land, möglicherweise auch erst mit Beginn unserer Zeitrechnung. Pferde wurden zur gleichen Zeit von den Imazighen ("Berbern") eingeführt.
Mit Beginn unserer Zeitrechnung kamen die Dromedare hinzu. Sie scheinen nicht vor der Ankunft der Römer in Marokko vorgekommen zu sein.
Diese Epoche wird als Libyco-Amazigh oder lybisch-berberisch bezeichnet und den wandernden Hirten -Nomaden- aus der Bronzezeit und späteren Perioden zugeordnet. Dazu gehören auch die ersten Schriftzeichen der Berberschrift der Imazighen. Die Bilder sind zumeist eher als "Strichzeichnungen" ausgeführt.

Die Darstellung der in dieser Region längst ausgestorbenen Tiere wie Löwen, Elefanten und Giraffen wird der Zeit davor, also älteren Epochen zugeordnet. Die Abbildungen sind eher als "kunstvoll" zu betrachten, sie sind meist figürlich.
Die Fachwelt unterscheidet diese Zeit der Jäger und Sammler der späten Steinzeit -zwischen dem Jahr 8000 und 2000 vor unserer Zeitrechnung- in zwei Epochen. Der Stil der Tazina, der nolithischen Jäger sowie der Bovidien-Stil der neolithischen und frühen bronzezeitlichen Viehzüchter.

Meist handelt es sich um kleinformatige, skizzenhafte Abbildungen ohne komplexe Zusammenhänge. Es wird deswegen angenommen, dass die Schöpfer das als kurzweiligen Zeitvertreib betrachteten und in der Regel kaum religiöse Hintergründe eine Rolle gespielt haben mögen.

FelsmalereiIm Hohen Atlas befinden sich die bekannten Fundorte wie die bei Oukaïmeden und Yagour. Die zahlreicheren und wohl auch schöneren und interessanteren Funde gibt es an den alten Siedlungsgebieten am Flussgebiet des Drâa zwischen Jbel Bani und dem Rande der Sahara. 
Und eigentlich logisch: Wo gesiedelt wurde, wurde auch gefeiert und gestorben, also oftmals befinden sich in direkter Nachbarschaft Tumuli und andere vorislamische Zeitzeugen.

An bisher zwei Stellen konnten wir Malereien auf Stein besichtigen, die nachgewiesener Maßen ebenfalls aus den Epochen der Gravuren stammen. In roter Farbe -vermutlich auf Eisenbasis- sind hier Unterstände mit Gemälden verziert.

Region Tafraout

Felsgravuren Tafraout

Bei diesen Gravuren wird immer wieder hinterfragt, ob eine oder beide wirklich mehr als 500 Jahre alt oder deutlich jüngeren Datums sein könnten? Oder ob sie mal "aufgefrischt" wurden?
Dennoch - sie sind gut erreichbar und auffindbar - sollen sie erwähnt werden. Die Fachwelt meint meistenteils, die hier im Foto abgebildete sei die echte.
Weitere befinden sich im Ammelntal und südöstlich von Aït Mansour. Am Ukas, gut erreichbar über eine Piste. Obwohl einiges wohl erst in jüngster Vergangenheit vernichtet wurde, bleibt vieles zu entdecken.

Region Icht

Felsgravur Tamanart

Um Icht wurden zahlreiche Fundstellen von Felsgravuren, den Zeitzeugen früher Nutzung des ehemals sehr fruchtbaren Landes durch Nomaden entdeckt.
Hier gibt es neben symbolhaften Darstellungen auch Abbildungen von Elefanten und gar Tigern (?). Einige davon sind nicht weit entfernt im Tal des Assif Tamanart und einfach mit einem normalen PKW erreichbar.
Für die zahlreichen weiteren Fundstellen empfiehlt sich ein 4x4.

Region Assa

Felsgravuren Assa

Assa ist für einen Tagesausflug von der Oase Tighmert und auch von Icht und Fam el Hisn aus gut erreichbar. Es liegt nahe am Wadi Drâa und gehört deswegen zum ursprünglichen Siedlungsgebiet.
Zahlreiche Felsgravuren beweisen das. Auch hier wieder zumeist die "Skizzen" der Nomaden, teilweise an der Straße zwischen Guelmim und Assa abstrakter Art oder -wie auf unserem Foto- zwischen Assa und Fam El Hisn konkreter Art. Einige Fundstellen liegen nur wenige hundert Meter neben der asphaltierten Straße und sind zu Fuß von dort aus gut erreichbar.

Region Akka

Felsgravur Nashorn

Ganz in der Nähe von Akka liegt Oum el Alek (wird auch Oum Laaleg, Oum Laalegue oder Tiouinziouine genannt), ein großes Gebiet mit Felsgravuren. Gut mit jedem PKW erreichbar, ergänzt durch einen kleinen Spaziergang ist es hier wie "Ostereier suchen". Entlang eines Hügels stapft man durch Geröll und Sand und findet mit einem bisschen Geduld immer wieder die schönsten Gravuren. Es handelt sich meistenteils um Tierabbildungen von Giraffen, Nashörnern, Gazellen und Antilopen, vermutlich aus den Jahren 4000 - 8000 vor unserer Zeit. Wir sahen nur eine, wahrscheinlich jüngere symbolhafte Darstellung sowie möglicherweise Fruchtbarkeitssymbole. Und wie zum Beweis, dass wir richtig sind, empfing uns ein Steinkreis am Fuße des Hügels.
Im Verlauf der nach Norden ab Akka führenden P1803 auf Imitek zu fanden wir die größten und schönsten uns bekannten Felsgravuren-Felder in Marokko. Das und die naheliegenden Steinkreise zeugen davon, welches bunte Leben sich hier einst über viele Jahrhunderte/Jahrtausende abgespielt hat. Wir sahen Gravuren aller Epochen, wohl bis zu 6000 Jahre alt: symbolhafte und gegenständliche Darstellungen. Wissenschaftler vermuten Kultstätten gewaltigen Ausmaßes, französische Forschungen laufen aktuell.

Region Zagora

Felsgravur Falle

Rund um Zagora finden sich große Gravurenfelder aller Epochen. Bei Aït Ouazik gibt es einen Bereich mit geritzten Darstellungen. Nashorn, Elefant, Antilope, Strauß und viele andere Tiere werden im Sandstein gezeigt. Die zahlreichen symbolischen Darstellungen werden von Wissenschaftlern als Fangwerkzeug für Tiere wie z.B. Fallen aber auch Jagdszenen interpretiert. Diese Felskunst soll ca. 8000 Jahre alt sein.
Felsgravuren Ganz anderer Art sind die gepunzten Abbildungen von Foum Chenna in der Nähe von Tinzouline. An einer großen, stark zerklüfteten nahezu senkrechten Felswand befinden sich hunderte von kleinen, 25 - 30 cm großen Zeichnungen. Kampf- und Reiterszenen mit Menschen sind dargestellt aber auch zahlreiche Tiere wie z.B. Strauße, Gazellen, Katzen, Pferde und weitere nicht eindeutig identifizierbare Abbildungen. Bedeutend sind die Inschriften im alten Berberalphabet. Alles deutet darauf hin, dass diese Szenen aus der libyschen Berberzeit, dem Beginn unserer Zeitrechnung stammt und demnach ca. 2000 Jahre alt sein könnte.

Region Agadir / Tiznit

Felsgravur Massa

Möglicherweise gehört sie zusammen. Die Felskunst in den Flusstälern des Bousirgi und dem Unterlauf des Oued Massa. Obwohl sie sehr repräsentativ ist, erfreut sich kam jemand an ihrem Anblick. Führte diese fehlende Aufmerksamkeit vielleicht auch dazu, dass in den letzten Jahren eine der Gravuren am Massa entfernt worden ist und wir 2021 eine weitere aus der Felswand herausgesprengt scheinbar zum Abtransport vorbereitet vorfanden?
Die möglicherweise ca. 5000 Jahre alten gepunzten Darstellungen sind figürlicher sowie abstrakter Art. Wir fanden Rinder sowie Spiralen, die als Falle gedeutet werden.

Region Oukaïmeden

Felsgravur Oukaimeden

Wenige Kilometer von Oukaïmeden entfernt befindet sich Igountar, eine der reichsten Felskunst-Fundstellen der Region. Die sich auf Platten am Boden befindlichen Gravuren stellen Tierabbildungen, Waffen und geometrische Figuren dar.
Die meisten sind zwischen 30 und 50 cm groß, die größte misst 1,50m. Der Erhaltungszustand ist unterschiedlich. Einige sind gut erkennbar, andere scheinen in jüngerer Zeit überkritzelt worden zu sein.

Region Djebel Siroua (Jbel Sirwa)

Felsgravuren Teinant (Tainate)

Nur zu Fuß nach einer längeren Wanderung durch eine herrliche Landschaft führend sind die Felsgravuren bei Teinant (Tainate) erreichbar.
in wirklich malerischer Umgebung ist hier alles beieinander: Darstellungen aus vorislamischer Zeit und neuere Abbildungen sind auf relativ engem Raum zusammen. Ganz in der Nähe befindet sich auch ein Tumulus, ein Hügelgrab. Symbolhafte Darstellungen wie die schon aus Amtoudi bekannten Fußstapfen und geometrische Muster -stark verwittert- in den harten, liegenden Gesteinsplatten. Sonnenräder, Menschen- und Tierdarstellungen, Waffen, selbst Musikinstrumente in der senkrecht darüber stehenden Sandsteinwand.

Region Boutroch

Parc des Gravures Ruprestres

Erste Katasterkarten? Der Grundriss eines Wildgeheges, doch eher vom Berber-Traumhaus oder von einer Speicherburg? Wir haben alle Deutungen erfahren. Auf jeden Fall wohl mit ca. 500 Jahren die "moderne Kunst" der Felsgravuren. Ein Zeitvertreib der Viehhirten, die in der fruchtbaren Jahreszeit hier mit ihren Herden unterwegs waren und den lieben langen Tag etwas zu tun haben oder einfach an "zu Hause", Frau und Familie erinnert werden wollten?
Und so gravierten sie in die in einem ca. 1km im Durchmesser messenden Kreis liegenden schräg angeordneten Steinplatten Dinge des Alltages: eine Waage, Waffen wie Messer, Krummdolche, Flinten und Speere. Und auch einfache geometrische Formen, Schmuck von Frauen. Die Qualitäten und künstlerischen Fähigkeiten sind sehr unterschiedlich: Mal als Skizze schnell "dahin geworfen", manchmal fein und fast detailverliebt und verspielt ausgeführt. Offensichtlich von mehreren unterschiedlichen Schöpfern?
Parc des Gravures Ruprestres Auch der Erhaltungszustand ist sehr unterschiedlich: Manche Darstellungen sind hervorragend selbst von weitem zu erkennen, manche kaum noch vorhanden und eher nur zu ahnen. Leider wurde die ein oder andere Zeichnung in letzter Zeit "ergänzt" oder gar neu gefertigt. Aus einem Krummdolch wurde ein Dampfer, Fußabdrücke erhielten Sohlenprofile, ein Hahn kam dazu...
Inzwischen ist der "Parc des Gravures Ruprestres" über eine asphaltierte Straße gut erreichbar, bestimmt einen Tag lang kann man im Kreis laufen und auf Erkundungstour gehen! Ziemlich schnell bekommt man durch die zahlreichen Funde, die den direkten Vergleich ermöglichen und mit etwas Gespür und Menschenverstand heraus, was echt ist und was nicht.

Region Amtoudi / Aït Herbil

In der Oase Amtoudi gibt es zahlreiche leicht zugängliche Funde aus allen Epochen zu entdecken. Gern zitiere ich hier wieder aus Dr. Werner Wrage: "Jenseits des Atlas - Unter den Berbern Südmarokkos". Besser kann man die Gravuren auf und an Agadir Id Aissa nicht schildern und an diesem Beispiel versuchen, auch allgemein gültiges zu erklären:

Felsgravuren Id Aissa Zum Foto links: Doch da stutze ich. Was ist das? Die Steinplatte ist mit Felszeichnungen bedeckt. Deutlich erkennen wir die vertieft eingeschlagenen Umrisse zweier nebeneinanderstehender Fußsohlen, die nach Osten gerichtet sind. Und unmittelbar daneben noch einmal dieselbe Gravur, allerdings etwas roher gepunzt und anscheinend jünger, denn die Linien erscheinen heller. Diese „Fußspuren Gottes", der auf heiligen Bergen oder Felsen landet, sind ein in den vorgeschichtlichen Felsbildern aller Zonen nicht seltenes Motiv. ... Natürlich ist die Deutung „Fußstapfen Gottes" ein wenig phantasievoll. Man hat wohl auch andere magische Vorstellungen damit verknüpft. Ein solcher Fußumriß könnte zum Beispiel das „In-Besitz-nehmen” ausdrücken. Niemand weiß es genau. Aber hier auf dem heiligen Felsen, auf dem die Berber vor langer Zeit ihre Speicherburg bauten, damit sie im Schutz der Götter an geweihtem Ort lag, erscheint mir die erste Deutung nicht so unglaubhaft.
Nahe bei diesen Felsgravuren ... entdecken wir noch andere Linien, die ebenfalls vielleicht Menschenhände eingegraben haben. Sie sind älter und von einer schwarzen Patina überzogen. Es will uns scheinen, als ob sie primitive Strichwesen darstellten; aber wir können keinen Sinn in diese Rillen bringen. ... Zudem hat man später andere Zeichen - wiederum Fußsohlen, aber auch Kreise, Hufeisen und Dreiecke - darüber eingeschlagen, so daß ich diese Figuren nicht entziffern kann. Daß es aber natürliche Linien sind, glaube ich nicht recht. Sie entsprechen weder der Struktur des Gesteins, noch kann ich sie mir aus der Verwitterung erklären.
Doch neben diesen geometrischen Zeichen finden wir auch noch andere Felsbilder. Sie sind augenscheinlich jüngeren Datums. Die Schlagspur ist grob und hell. Seltsam ist ein Linienspiel, das an zwei Hakenpflüge erinnert, dazwischen ein aus Strichen zusammengesetztes gehörntes Tier. Ganz anders im Stil - flächenhaft ausgepunzt - steht daneben ein Kamel, das ein kleiner, in der Luft zappelnder Mann am Halfter hält. Da das Kamel wahrscheinlich erst in geschichtlicher Zeit nach Nordafrika eingedrungen ist, muß dieses Bild jünger sein. Am jüngsten aber ist sicher die Darstellung zweier Gewehre, eines davon zeigt deutlich den Typ der berberischen Feuersteinflinten. ..
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Felsgravuren Id Aissa Zum Foto links: Auf der durch die Isolation mit einer schwärzlich glänzenden Wüstenpatina überzogenen roten glatten Felsplatte, die jetzt violett den blauen Himmel wiederspiegelt, erkennen wir deutlich gepunzte Abbildungen von Tieren. Sie sind künstlerisch viel hochwertiger als etwa die Kameldarstellung oben in der Burg. Der Linienverlauf und die Proportionen begeistern Reelfs geradezu. Es sind Antilopen, bei denen sogar die Fellzeichnung angedeutet ist. Vier männliche Tiere bilden einen Fries. Dahinter erscheint ein etwas unförmiges geflecktes Tier mit langem Hals, eine Giraffe.

Im südlichen Teil Aït Herbils, zu dem auch Amtoudi gehört, liegt ein riesiges kaum bekanntes Gebiet frühzeitlicher Besiedelung. Felsgravur Adrar Zerzem Ein Teil, Adrar Zerzem wurde erschlossen und steht Besuchern offen. Neben Tumuli können um die 300 Gravuren aus allen Epochen besichtigt werden. Wir fragten uns mal wieder in Anbetracht der Darstellungen, was hier wohl teilweise dargestellt sein könnte. Die uns bekannten wissenschaftlichen Auswertungen sagen aus, es handele sich um Wagen mit Plattform, Deichsel und Rädern. Woher weiß man das wohl?
Wir sehen darin andere Dinge: Symbole der Sexualität, wie bei den Tierdarstellungen oftmals auch. Nicht nur am Djebel Zerzem haben wir derartige Abbildungen gesehen und können uns gut vorstellen, dass die Nomaden hier, wenn sie oftmals lange Zeit allein mit ihren Tieren weitab ihrer Frauen waren, einfach ihren Gedanken, Phantasien und Wünschen freien Lauf gelassen haben könnten?

In Amtoudi gibt es zahlreiche weitere Fundstellen aller Epochen: Oberhalb vom Agadir Agellouy fanden wir einige, auch beidseits am Taleingang gibt es interessante und gut erhaltene Darstellungen zu entdecken.


Quellen und weiterführende Informationen:
In unseren TOURISTISCHEN LANDKARTEN und REISEFÜHRERN werden zahlreiche Ziele vorgestellt und Ausflüge vorgeschlagen.
Foto Zeitstrahl Felskunst: Musée Tamghilt n'Zerzem